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Lucia Baumgartner
Veröffentlicht
am 29.04.2024
LeuteÜber Geld spricht man (nicht)!

Die Tischlerin

Veröffentlicht
am 29.04.2024
Über Geld spricht man nicht. „Doch“, sagen fünf junge Frauen, die vor kurzer Zeit in die Südtiroler Berufswelt eingestiegen sind. Eine BARFUSS-Miniserie.
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Ganz vieles dreht sich um dieses eine Thema, aber so richtig sprechen will niemand darüber. Das eigene Geld und das monatlich verdiente Gehalt sind streng geheim und privat. Was wäre aber, wenn jede:r wissen würde, wie viel bestimmte Berufsgruppen (ungefähr) in Südtirol verdienen? Würde dieses Wissen zu mehr Respekt, Aufklärung und Wertschätzung beitragen? BARFUSS hat fünf junge Menschen aus Südtirol befragt, die von ihrem ersten Berufseinstieg und ihrem Nettogehalt erzählen. Nicht alle wollten mit ihrem richtigen Namen in einem Medium erscheinen.

Emma S. (Name wurde geändert) ist 23 Jahre alt und hat im Jahr 2020 die Ausbildung zur Konditorin in Südtirol abgeschlossen. Drei Jahre später hat sie sich dazu entschieden, fortan als Tischlerin zu arbeiten. Die Ausbildung zur Tischlerin dauert normalerweise vier Jahre, wobei Emma diese nicht gebraucht hat, da sie vorher als Konditorin gearbeitet hat und die schulische Grundausbildung somit bereits positiv bestanden hatte. Daher konnte sie direkt in die Gesellen-Ausbildung, welche zwei Jahre dauert, einsteigen. Der Unterricht an den Berufsschulen ist kostenlos, sodass Emma nichts für ihre Ausbildung bezahlen musste.

BARFUSS: Wie gestaltete sich der Berufseinstieg?
Emma: Der Berufseinstieg war eigentlich sehr einfach, da momentan überall Fachkräftemangel herrscht. Und wenn jemand als Quereinsteiger:in zeigt, dass man sich Mühe gibt, diesen Beruf erlernen will und auch etwas kann, funktioniert das alles ziemlich einfach.

Hast du als Tischlerin sofort eine Stelle gefunden? Hast du Absagen bekommen?
Nein, ich habe nicht sofort eine Stelle gefunden. Bei einer Tischlerei wurde mir gesagt, dass ich sehr wenig verdienen werde und diese Aussage gab mir ein ungutes Gefühl – da habe ich mich gleich wenig wertgeschätzt gefühlt. Bei der zweiten Tischlerei aber ging alles sehr schnell und bis jetzt läuft alles sehr gut.

Gestaltet sich dein Arbeitsalltag oft als schwierig, weil du keinen „normalen“ Ausbildungsweg absolviert hast?
Nein, ich habe das Gefühl, dass ich in der Tischlerei gut ausgebildet werde und jeden Tag etwas Neues dazulerne. Wenn ich etwas nicht weiß, darf und kann ich immer nachfragen, dann werden mir die Dinge erklärt oder meine Kollegen helfen mir weiter. Manchmal lautet mein Motto auch: „Probier’ einfach, wird schon schief gehen.“ (lacht)

Wie reagieren Menschen, wenn du ihnen als Tischlerin gegenübertrittst? Gibt es Vorurteile? Stereotype?
Die meisten finden es toll.

Warum hast du dich für einen Berufseinstieg in Südtirol entschieden? Welche Vor- und Nachteile gibt es?
Ich habe schnell Heimweh und bin gerne zuhause. Das ist der Grund, warum ich hierbleibe und auch keine Erfahrungen im Ausland gesammelt habe, ich mag es hier einfach zu sehr.

Wie würdest du den Berufseinstieg von jungen Menschen in Südtirol allgemein einschätzen? Ist es einfach, einen geeigneten Beruf – passend zur Ausbildung – in Südtirol zu finden?
Ich denke, das ist immer vom Beruf und dem Willen der Jugendlichen selbst abhängig. Als Konditorin war es für mich schwierig eine passende Arbeitsstelle zu finden, da es in meiner Umgebung kaum Konditoreien gibt und ich auch nicht bereit war, weit von zuhause weg zu gehen. Als Tischlerin war es aber ziemlich einfach.

Wie bewertest du die Lage der Handwerker:innen? Warum ergreifen so wenige junge Menschen handwerkliche Berufe? 
Ich glaube, dass viele junge Menschen studieren gehen, weil ihnen eingetrichtert wird, dass die Gesellschaft „Studierte“ braucht und dass sie dann auch viel mehr verdienen. Bereits jetzt merkt man, dass es viel zu wenig Handwerker und Handwerkerinnen gibt, es herrscht ein Ungleichgewicht. Und dazu sagen muss man auch, dass Handwerker:innen einfach viel zu wenig verdienen und sich Jugendliche dann aufgrund des Gehalts für einen anderen Job entscheiden.  

Wie viel verdienst du netto im Monat? (+/- 100/200€)
Ich verdiene 1.600€ netto im Monat.

Findest du dein Gehalt, im Hinblick auf das, was du leistest, angemessen/gerecht?
Ich finde, dass ich zu wenig verdiene, weil ich denke, dass alle so viel verdienen sollten, wie viel sie auch wirklich leisten. Das Gehalt sollte meiner Meinung nach also nicht immer nur aufgrund irgendeiner Qualifizierung berechnet werden. Es wäre schön, mehr zu verdienen, aber mir gefällt meine Arbeit so gut, dass ich nichts anderes für mehr Geld machen möchte.

Wenn du mehr verdienen möchtest, welche Möglichkeiten bzw. Aufstiegschancen hättest du?
Die nächste Aufstiegschance ist der Geselle, dann der Meister bis hin zum Vorarbeiter.

Was würdest du dir für dein Berufsbild wünschen?
Es ist an der Zeit, Handwerker und Handwerkerinnen mehr zu schätzen und den Lohn zu erhöhen. Ansonsten bleibt am Ende niemand mehr übrig, der die Häuser der Politiker baut, die Stühle im Landtag repariert oder die Gärten der Superreichen pflegt.

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